{REZENSION} Herta Müller „Atemschaukel“

Vor kurzer Zeit habe ich mir einen neuen eReader gekauft, mit dem es mir nun endlich auch möglich ist, eBooks aus der Bücherei auszuleihen. Das erste Buch, das ich mir nun ausgeliehen habe: Herta Müller „Atemschaukel“.

Inhalt/Klappentext

Rumänien am Ende des Krieges. Die deutsche Bevölkerung lebt in Angst. „Es war 3 Uhr in der Nacht zum 15. Januar 1945, als die Patroulle mit holte. Die Kälte zog an, es waren -15°C.“ So beginnt der junge Mann seinen Bericht. Fünft Jahre liegen vor ihm, von denen er als ein anderer zurückkehrt.

Herta Müller erzählt von einer Erfahrung, die den Überlebenden für sein Leben prägt. In vielen Gesprächen mit Oskar Pastior und anderen Überlebenden der Lager hat sie den Stoff gesammelt, den sie nun zu einem großen Roman geformt hat.

Was ich dazu sage

Ich habe schon seit einigen Jahren die Angewohnheit weder eine Inhaltsangabe noch einen Klappentext zu lesen, sondern stürze mich direkt auf das Buch, ohne auch nur die leiseste Ahnung zu haben, worum es geht. Vielleicht sollte ich auch dazu sagen, dass ich einen nie kleiner werdenden SuB (Stapel ungelesener Bücher) habe, denn ich werde regelmäßig von der besten Schwiegermutter von allen mit neuer Literatur versorgt. Deswegen habe ich auch gar keine Ahnung, was gerade auf den Bestsellerlisten zu finden ist.

Unter dem Titel „Atemschaukel“ konnte ich mir genau gar nichts vorstellen, nach den ersten Seiten wusste ich dann, dass es sich um einen Nachkriegsroman über einen jungen Mann aus Siebenbürgen in einem russischen Arbeitslager handelt. Spätestens ab da wollte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen, denn es handelt sich hierbei ein Stück weit um meine eigenen Wurzeln, beziehungsweise um die Geschichte meiner Großmutter.

Genau wie Herta Müller im Nachwort schreibt, habe ich es auch erlebt: die faschistische Vergangenheit Rumäniens und das Thema Deportation waren tabu. Es wurde nie darüber gesprochen und für mich war es in der Kindheit einfach ein Wort, mit dem ich nichts anfangen konnte.

Erst als meine Großmutter 2005 gestorben ist und ihr Lebenslauf bei der Beerdigung vorgelesen wurde, habe ich ein wenig über ihr Leben erfahren:

… Im Januar 1945 wurde ich mit drei Schwestern und einem Bruder nach Rußland deportiert, wo wir alle im Kohlebergwerk gearbeitet haben. Das Lager hieß Lyssytschansk, hatte die Nummer 1216 / 1217. Dort habe ich fast 5 Jahre gearbeitet. Es war harte Arbeit und wenig Brot. Ich habe viel Hunger gelitten. Not und Entbehrung waren in diesen Jahren unsere Begleiter. Zwei Schwestern wurden krank und starben in Rußland, die eine mit 19 Jahren im November 1945, die andere mit 24 Jahren im August 1946. Im Juni 1947 kehrte die 3. Schwester krank und abgemagert wieder heim. Am 25. Oktober 1949 kamen mein Bruder und ich auch nach Hause…

„Atemschaukel“ basiert auf unzähligen Erinnerungen von ehemals Deportierten, die Herta Müller notiert und in ihren Roman verpackt hat. Diese Erinnerungen in Kombination mit dem Wissen, dass meine Großmutter und ihre Geschwister das gleiche durchmachen mussten, hat mich persönlich sehr betroffen gemacht. Und es hat den Charakter meiner Oma für mich verständlicher gemacht und erklärt, warum sie so war, wie ich sie kannte.

Mir fehlen die Worte dieses Buch zu beschreiben. Es ist definitiv keine einfache Kost, sei aber auf jeden Fall allen ans Herz gelegt, die sich für dieses Thema interessieren oder vielleicht wie ich auch einen persönlichen Bezug dazu haben!

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Allgemeine Informationen:

Gebundene Ausgabe: 384 Seiten
Verlag: FISCHER Taschenbuch; Auflage: 1 (15. Mai 2012)
Sprache: Deutsch

ISBN-10: 3596512034
ISBN-13: 978-3596512034
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Autor: Angelika

erzählt hier über ihre Schokoladenseiten. Und die anderen vielleicht auch.

Ein Gedanke zu „{REZENSION} Herta Müller „Atemschaukel““

  1. Mal wieder ein wirklich schönes Buchreview,
    das Buch klingt auf jeden Fall spannend, muss ich mir im Kopf behalten.

    schau dir gerne meinen BLOG an.

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