Noch zu Beginn letzter Woche war alles in Ordnung. Pünktlich gegen 17.00 Uhr, wenn ich meist gerade am Rechner sitze, kommt der Kater, setzt sich hin und schaut mich mich großen Augen an. Tippst mich mit seinen kratzigen Pfoten an und miaut, weil er am Verhungern ist…
Wenige Tage später bewegt er sich kaum noch, kommt mich nicht grüßen oder zu mir ins Bett, frisst nichts mehr und trinkt nur noch. Die Alarmglocken schrillen, das Wort „Niereninsuffizienzt“ macht sich im Kopf breit. Bis zum Wochenende spitzt sich die Lage zu und Sonntag Früh fahre ich mit ihm in die Tierklinik. Wir verbringen drei Stunden dort, bis wir endlich dran kommen, Blut abgenommen wird und wir das Ergebnis erhalten. Währenddessen ist der Kater nur noch ein Häufchen Elend, hechelt und zwinkert mich an.
Er hat Fieber, die weißen Blutzellen sind stark erhöht, genauso wie die Leberwerte. Die Nierenwerte sind dagegen sehr gut, zumindest keine Niereninsuffizienz. Der diensthabende Arzt tippt auf Blutparasiten, gibt Azrael ein Mittel, damit seine Übelkeit besser wird und er wieder frisst. Für heute Abend wird ein Termin für einen abklärenden Ultraschall ausgemacht.
Soweit sollte es aber gar nicht mehr kommen. Sein Zustand bessert sich auch nach Stunden nicht. Im Gegenteil, Azrael ist so schwach, dass er sich nicht mal mehr zum Trinken aufrichten kann und bleibt direkt neben der Wasserschüssel liegen. Ich gehe ins Bett, der Zustand lässt mich aber nicht schlafen und so rufe ich um 22 Uhr nochmals in der Tierklinik an. Die diensthabende Ärztin sieht sich, während sie mit mir telefoniert, das Blutbild an und wundert sich nicht, dass der Kater nichts essen will, es muss ihm unheimlich übel sein. Und die Leberwerte sehen sehr schlecht aus. Blutparasiten schließt sie nicht aus, es könnte aber auch ein Tumor sein, der Ultraschall zur Abklärung ist auf jeden Fall eine gute Idee. Sie rät mir zum Infusionieren in die Klinik zu kommen, damit Azrael zumindest in flüssiger Form Nahrung bekommt.
Sonntag, 02.08.2020 – 22:30 Uhr. Ich überlasse Azrael in der Obhut der Ärztin und fahre nach Hause. Im Kopf hallt jetzt das Wort „Tumor“ nach und ich habe seit dem Telefongespräch ein sehr schlechtes Gefühl. Besonders nachdem ich die Transportbox auch mitnehmen soll, weil „sich sonst die Boxen stapeln würden“.
Montag, 03.08.2020 – 7.30 Uhr. Die Ärztin aus dem Nachtdienst ruft mich an, sie habe eine schlechte Nachricht. Azrael hatte in der Früh einen Herzstillstand.
14 Jahre Azrael. In den letzten fünf Jahren, in denen er (nachdem wir Luzifer gehen haben lassen müssen) alleine bei uns war, hat sich seine Persönlichkeit anscheinend richtig entfalten können, als wäre er in der Zeit mit Luzifer unterdrückt gewesen. Kein Schmuser und Kuschler wie Luzifer, aber trotzdem immer bei uns. Egal ob beim Essen, auf der Terrasse, beim Fernsehen oder wenn wir schlafen gegangen sind.
Noch schlimmer als der eigene Schmerz über den Verlust des Katers ist für mich jedoch der Schmerz der Kinder, den man nicht nehmen kann. Wir trauern diese Mal gemeinsam, sprechen über den Schmerz und über all die schönen Erinnerungen.
Mach’s gut, mein Dicker!